Der Jude mit dem Hakenkreuz

Filmvorführung mit Zeitzeugenveranstaltung an der Karl-Rehbein-Schule Hanau

Julia Scheuermann

Eine besondere Geschichtsstunde konnten die beiden Oberstufenkurse Ed und Ek der Karl-Rehbein-Schule in Hanau gemeinsam mit ihren Geschichtslehrern am 05.05. durch das große Engagement des Vereins Gegen Vergessen – Für Demokratie erleben.  Der Regional-Sprecher der Rhein-Main-Region, Andreas Dickerboom, organisierte zusammen mit Julia Scheuermann, Geschichtslehrerin der Klasse Ed und selbst Mitglied bei Gegen Vergessen – Für Demokratie, ein Zeitzeugengespräch der besonderen Art.

Die beiden Söhne, Kurt Beckhardt und Werner Lahr des „Juden mit dem Hakenkreuz“, Fritz Beckhardt, besuchten die beiden Kurse und sprachen mit ihnen  über ihr Familienschicksal während des Dritten Reichs und danach. Zuvor war der WDR-Film „Der Jude mit dem Hakenkreuz“ von Mathias Haentjes, der unter Mitwirkung von Kurt Beckhardts Sohn Lorenz entstand, gezeigt worden. Durch die Schilderungen von Ereignissen und persönlichen Erlebnissen aus der Region wurde den Schülern hautnah das Unheil der Diktatur und deren Auswirkungen auf eine Familie vor Augen geführt.

Fritz Beckhardt, jüdischer Abstammung, war im 1. Weltkrieg hoch dekorierter Kampfflieger im Umfeld von Hermann Göring und wählte als Glücksbringer auf seinem Flieger das Symbol des Hakenkreuzes. Dass dieses Zeichen noch einmal eine so schreckliche Bedeutung für ihn und seine Familie erhalten würde, war ihm zu dieser Zeit natürlich nicht bewusst. Beckhardt bekam kurz vor dem Amtsantritt Hitlers seinen Sohn Kurt. Aus einer Liebschaft zu seinem Dienstmädchen bekam Fritz Beckhardt einen unehelichen Sohn, Werner Lahr, der erst vor etwa 10 Jahren seinen Halbbruder kennenlernte und nie Kontakt zu seinem leiblichen Vater hatte. Denn Fritz Beckhardt lehnte seinen Sohn mit den Worten „damit habe ich nichts mehr zu tun“ ab und Werner Lahr sprach nie über diese bedrückende Begegnung mit seinem Vater. Als Kinder jüdischer Eltern oder Elternteile waren beide dem Regime ausgesetzt und entkamen diesem nur mit Glück und durch völlig unterschiedliche Lebensverhältnisse.

Während Kurt Beckhardt mit seinen Eltern nach England flüchten konnte, musste Werner Lahr gemeinsam mit seiner Mutter die Bombenangriffe in Mainz durchleben. Jedoch entkamen nicht alle Familienmitglieder dem Schrecken. So berichtete Kurt Beckhardt, dass seine Großeltern in Theresienstadt und Treblinka umgebracht wurden und auch Tante und Onkel das Regime nicht überlebten.

Besonders bedrückend war es zu erfahren, dass die Familie auch nach dem Ende des Krieges in den 50-er Jahren immer wieder zu hören bekam „Die hat der Adolf vergessen“, wie Kurt Beckhardt berichtete.
Durch diese persönlichen und emotionalen Schilderungen des Familienschicksals der Familie Beckhardt bekamen die Schüler der Karl-Rehbein-Schule einen ganz besonderen Blick auf das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte.

Julia Scheuermann ist Geschichtslehrerin an der Karl-Rehbein-Schule und Mitglied bei Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.